Corona, Ausbildung und Co.
Corona hat dazu geführt, dass Prüfungen über den Ausbildungszeitraum hinaus verschoben wurden. Hier stellen sich für die/den Auszubildende/n wesentliche Fragen, die eine Beantwortung verdienen. Viele Auszubildende sind derzeit verunsichert und erwarten klare Antworten.
Die Fragen orientieren sich an der Ausbildung zum/r Steuerfachangestellten in NRW, Kammerbezirk Westfalen-Lippe. Soweit auf die Prüfungsordnung (PO) abgestellt wird, beziehen sich diese Regelungen daher auf die Prüfungsordnung der Steuerberaterkammer Westfalen - Lippe. Bei anderen Ausbildungsberufen ist in deren PO zu schauen. Dort dürften sich entsprechend vergleichbare Regelungen finden lassen.
Frage 1:
Wenn das Ausbildungsverhältnis gem. § 21 I BBiG z.B. zum 30.06.2020 endet, ist das so zu verstehen, dass der Auszubildende ab dem 01.07.2020 nicht mehr verpflichtet ist, bei seinem Ausbildungsbetrieb zu erscheinen?
Antwort:
Mit der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses zum 30.06.2020, d.h. mit Fristablauf gemäß § 21 Abs.1 BBiG, besteht keine Verpflichtung, weiter im Ausbildungsbetrieb zu erscheinen.
Frage 2:
Könnte der Auszubildende somit ab dem 01.07.2020 ein neues Beschäftigungsverhältnis beginnen?
Antwort:
Ja. Es steht dem Auszubildenden frei, ab dem 01.07.2020 ein neues -befristetes oder unbefristetes- Beschäftigungsverhältnis mit dem ehemaligen Ausbildungsbetrieb oder einen anderen Arbeitgeber einzugehen, wobei von den Vertragsparteien die gesetzlichen Vorgaben, wie z.B. Mindestlohn, bei den Vertragsbedingungen zu berücksichtigen sind.
Frage 3:
Für den Fall, dass der Ausbildungsbetrieb den/die Auszubildende/n / bzw. dann den/die Arbeitnehmer/in weiter beschäftigt, ohne eine Verlängerung des Ausbildungsverhältnisses zu beantragen, entstünde dann nicht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, wobei die übliche Vergütung hier für eine/n Steuerfachangestellte/n geschuldet würde?
Antwort:
Werden Auszubildende im Anschluss an das Berufsausbildungsverhältnis (im „ehemaligen“ Ausbildungsbetrieb) beschäftigt, ohne das hierüber ausdrücklich etwas vereinbart worden ist, so gilt gemäß § 24 BBiG ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als begründet.
Dabei ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten, ob eine stillschweigende Verlängerung des Ausbildungsverhältnisses mit Weiterzahlung der Ausbildungsvergütung oder ein Arbeitsverhältnis mit einem geschuldeten Arbeitslohn begründet wird.
Wir raten daher dringend für den Fall, dass der/die Auszubildende beabsichtigt, über den 30.06.2020 weiter in seinem/ihrem Ausbildungsbetrieb tätig zu sein, zuvor das Gespräch zu suchen und eine vertragliche Einigung zu erzielen.
Frage 4:
Unabhängig von einer Beschäftigung hätte der/die Auszubildende das Recht die Abschlussprüfung abzulegen?
Antwort:
Unabhängig von einer Weiterbeschäftigung irgendeiner Art hat der/die Auszubildende mit Ablegung der Ausbildungszeit einen Anspruch auf Zulassung zur Abschlussprüfung gemäß § 43 Abs. 1 BBiG, § 9 Abs. 4 PO (der Steuerberaterkammer Westfalen-Lippe).
Frage 5 und 6:
Wer käme in diesem Fall für etwaige Kosten für die Abschlussprüfung auf? Wie hoch wären diese Kosten?
Antwort:
Eine Prüfungsgebühr für die Abschlussprüfung wird von Auszubildenden nicht erhoben. Nur für den Fall der Wiederholungsprüfung bei Nichtbestehen der Abschlussprüfung oder bei Rücktritt ohne Grund entsteht hier für Steuerfachangestellte im Kammerbezirk Westfalen-Lippe eine Gebühr in Höhe von 180,00 €.
Für weitere Fragen stehen wir Ihnen gern mit unserem Team zur Seite. Wir helfen Ihnen gern.