Betriebsbedingte Kündigung und Kurzarbeit
Auch nach Einführung von Kurzarbeit sind betriebsbedingte Kündigungen nicht ausgeschlossen, wenn die erwartete Stabilisierung der Auftragslage ausbleibt, vgl. LAG Hamm, Urteilvom 24.06.2010- 8 Sa 1488/09.
Im Rahmen der betriebsbedingten Kündigung prüft das Arbeitsgericht, ob das bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung des Arbeitgebers wirksam
beendet worden ist.
Das ist dann der Fall, wenn der Arbeitgeber die angegriffene Kündigung erfolgreich auf ein "dringendes betriebliches Erfordernis" i. S. d. § 1 Abs. 2 KSchG stützen kann.
Eine rückläufige Auftragslage die im Zeitpunkt der Kündigung einen Personalüberhang verursacht, kann den Abbau von Arbeitsplätzen rechtfertigen.
Das Arbeitsgericht kann seinen Standpunkt, auf ein vorgetragenes Zahlenwerk stützen, wenn sich daraus rechnerisch allein die Notwendigkeit des Abbaus von Stellen herleiten lässt. Der errechnete Personalüberhang kann sich aus der Gegenüberstellung verschiedener Jahre ergeben. Ein proportionaler Zusammenhang zwischen Umsatzzahlen und Arbeitsmenge muss nachvollziehbar sein.
Auch wenn der Arbeitgeber wegen der rückläufigen Auftragsentwicklung bereits Kurzarbeit eingeführt hat, schließt dies die Zulässigkeit einer betriebsbedingten Kündigung während der Kurzarbeitsperiode nicht grundsätzlich aus (BAG Urt. vom 26.06.1997, 2 AZR 494/96, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 86; KR-Griebeling, 9. Auflage, § 1 KSchG Rn 531; Rolfs/Riechwald BB 2010, 1597; Wahlig/Jeschke, NZA 2010, 607.
Zwar spricht die Einführung von Kurzarbeit zunächst dafür, dass der Arbeitgeber aufgrund der von ihm vorgenommenen betriebswirtschaftlich gestützten Prognose von einem vorübergehenden Arbeitsmangel ausgegangen ist. Aber eine solche Prognose schließt im Grundsatz nicht aus, dass sich der Beschäftigungsbedarf für einzelne Bereiche unterschiedlich entwickeln kann und nur zum Teil von einem vorübergehenden, hingegen teilweise auch von einem nicht nur vorübergehenden Fehlen von Beschäftigungsmöglichen auszugehen ist; für diesen Fall sind die zeitgleiche oder zeitnahe Einführung von Kurzarbeit und der Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen nicht ausgeschlossen (BAG a.a.O.).
Zum anderen ist zu beachten, dass die Einführung von Kurzarbeit an eine Prognose anknüpft, deren Grundlagen sich im Zuge der Durchführung der Kurzarbeit verändern kann. Der Arbeitgeber könnte ggfls. Anlass zu der Einschätzung haben, dass innerhalb des geplanten Kurzarbeitzeitraums die erwartete Erholung der Beschäftigungslage nicht oder nur teilweise erreicht wurde.
Als Grundlage einer derartigen Korrektur der bei Einführung der Kurzarbeit gestellten Prognose kommt z.B. eine durch betriebswirtschaftliche Analysen belegte weitere Verschlechterung der Auftragslage in Betracht, aufgrund deren sich die Verhältnisse deutlich ungünstiger darstellen als im Zeitpunkt der Einführung der Kurzarbeit.
Schon das Ausbleiben einer erhofften Besserung der Auftragslage kann einen nachvollziehbaren Grund darstellen, jedenfalls für einen Teil der Arbeitsplätze von einem dauerhaften Wegfall des Beschäftigungsbedarfs auszugehen.
Materiellrechtlich ist eine Grundlage für eine "Selbstbindung" des Arbeitgebers an die einmal getroffene Beurteilung und Entscheidung zur Einführung von Kurzarbeit nicht zu erkennen. Die Tatsache, dass der Arbeitgeber bei der Einführung der Kurzarbeit nur von einem vorübergehenden Arbeitsmangel "ausgeht" (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, 05.02.2010, 6 Sa 489/09 - juris), besagt nichts über die objektive Berechtigung einer günstigen oder ungünstigen Auftragsentwicklung, sondern bedeutet allein, dass der Arbeitgeber bei Einführung der Kurzarbeit subjektiv eine entsprechende Einschätzung vorgenommen hat.
Hieraus mag zwar ein gewisser Erklärungsbedarf hergeleitet werden, um dem Einwand der Willkür zu begegnen, nicht hingegen kann in der früheren optimistischen Einschätzung der künftigen Auftragsentwicklung ein - vom Arbeitgeber durch konkreten Sachvortrag zu entkräftendes - Beweisanzeichen dafür gesehen werden, dass der Auftragsmangel nach wie vor eine vorübergehende Erscheinung darstellt. Auch aus Gründen des Prozessrechts ist der Arbeitgeber nicht gehindert, die zu einem früheren Zeitpunkt getroffene Einschätzung infrage zu stellen und selbst bei unveränderter Auftragslage - etwa unter dem Eindruck gegensätzlicher Einschätzungen von Verbandsvertretern, Politikern und Kreditwirtschaft - sich nunmehr für ein Konzept zu entscheiden, welches einen teilweisen Personalabbau und die teilweise Durchführung von Kurzarbeit miteinander verbindet. Voraussetzung in tatsächlicher Hinsicht ist allein das Fehlen ausreichender gegenwärtiger und konkret absehbarer Beschäftigungsmöglichkeiten.
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